Man nehme ein kleines Theater im 9. Wiener Gemeindebezirk, einen eindrucksvollen Rezipienten, einen beachtlichen Pianisten, eine großartige Geigerin, eine tolle Sängerin, einen charmanten und außergewöhnlichen Sänger mit seiner Gitarre und mischt sie mit wunderschönen Melodien, nachdenklichen Texten und den Farben dieser Welt.
Elfi Schweiger hat, gemeinsam mit ihren Künstlern des Abends, ein buntes Potpourri aus Texten und Liedern zusammengestellt, die diese musikalische Lesung zu etwas ganz Besonderem gemacht haben. Die musikalische Eröffnung des Abends gehörte Martin Bermoser mit dem Song „Welche Farbe hat die Welt“ von Drafi Deutscher, vielleicht nicht einer von Drafis besten Songs, doch textlich schon die perfekte Einstimmung für einen Abend, der noch lange seinen Nachhall finden wird.
…Schwarz wird der Himmel, wenn ein Unwetter droht
Gelb ist der Krieg, unser Feind dieser Welt
Grün sind die Bäume, und die Gräser und das Laub
Blau ist das Meer, das die Sonne immer küsst
Rot, das ist die Liebe, sie darf niemals vergehen…
Die größten Dichter und Literaten vergangener Zeiten beschäftigen sich mit den Farben der Welt, so auch Johann Wolfgang von Goethe, dessen „Farbenlehre“ das Hauptthema des ersten Teiles des Abends war. Es ist wohl mit seinen 4 Bänden die umfangreichste Abhandlung zu diesem Thema. Er sah gelb und blau, als die beiden Grundfarben. Sie stehen sich gegenüber, wie Licht und Schatten, Hell und Dunkel oder gar Kraft und Schwäche.
Ist gelb, doch die näherste Farbe am Licht und besitzt eine heitere, sanft reizende Eigenschaft, man könnte schon sagen wärmende Fähigkeit. Dies kann man ganz leicht selbst testen, sieht man durch ein gelbes Glas auf eine, durch die Wintertage wirkende, graue Landschaft, erfreut der Effekt der gelb Färbung das Auge, das Herz wird ausgedehnt und das Gemüt erheitert.
So kann man im Gegenzug bei blau sagen, dass es immer etwas Dunkles mit sich führe. Sie strahlt ihre ganz eigene Energie aus, so bekommt man bei blauen Flächen, ein Gefühl, als würden sie vor einem zurückweichen.
Und dann ist da noch die Farbe Rot. Sie löst in Menschen tiefe Gefühle aus, steht sie doch für die Liebe, aber auch für Feuer, Blut und Gefahr. Trägt man rote Kleidung, gibt sie einem den Eindruck von Ernst und Würde, von Huld und Anmut.
Doch jede einzelne Farbe erzeugt in uns, vermittelt durch unsere Sinne, sogleich die unterschiedlichsten Gemütszustände. Wenn wir zum Beispiel die Erde in rot, blau und gelb ausmalen, so scheint es so als hätte sie ein lachendes Gesicht. Eine schöne Analogie in düsteren Zeiten.
Die Farbpalette unserer Welt ist groß und vermischt man Farben miteinander, entsteht immer wieder etwas Neues!
So wie grün, zum Beispiel, ein Gemisch aus gelb und blau ist. So beruhigt grün sogleich das Auge und das Gemüt. Sie ist eine kraftvolle Farbe, steht sie doch für das Leben, die Pflanzen und den Frühling.
Mischt man hingegen rot mit grün oder mit grün und schwarz, so erhält man braun, die Farbe der Natur und der Erde. Doch gerade in unseren Gärten begegnen wir der Erde nie mit Neugier, wie decken sie nur zu gerne mit Pflanzen zu. Wie Feuer, Wasser und Luft gehört die Erde zu den 4 Elementen. Sie ist ein lebendiges Wesen, sie sorgt für Verwesung und Neubeginn, doch braucht sie auch Halt durch Wurzeln, Zeit zur Erholung, Ruhe und Abwechslung.
Doch, dass die Farben dieser Welt nicht nur literarisch sind, sondern auch künstlerisch, zeigen uns vor allem die Maler, in alten Zeiten, wie auch noch heute. Gerade das strahlende gelb, erlangte wohl durch Vincent van Gogh’s „Sonnenblumen“ eine ewige Berühmtheit. Betrachten wir dieses Gemälde einmal näher, können wir Zeuge werden, seiner Träume, gar seiner Passion Kunst zu schaffen, die die Zeiten überdauern. Van Gogh sehnte sich so sehr danach Glück und Freude zu spüren, dass er Aufzeichnungen zu folge sogar die Farbe Gelb aß, um von ihrem Strahlen eingehüllt zu werden. Doch trotz seiner Geisteskrankheit, spürte er keine Verzweiflung, er sah seinen Zustand eher als aktive Melancholie, die Hofft und strebt und sucht. Er liebte nicht nur die Malerei, sondern auch die Literatur, so verschlang er förmlich Bücher wie die Bibel, Victor Hugo, Dickens und vor allem Shakespeare. Shakespeare Art zu schreiben, entsprach in Van Gogh’s Augen einem Malerpinsel, der vor fiebriger Erregung zitterte.
Doch, dass Farben, wie alles im Leben, wie auch wir Menschen, 2 Seiten haben, zeigte uns vor allem der 2.Teil des Abends.
Der Kreis schließt sich, gelb, die Farbe der Sonne und braun, die Farbe der Erde, zwei Dinge, die für uns Menschen wichtig sind und in uns ein Gefühl von Seligkeit verursachen. Doch hat jede Farbe auch ihre Schattenseite, so stehen diese beiden Farben auch für den Krieg und die dunkelste Zeit in den 40iger Jahren.
Historisch stand braun als die politische Symbolfarbe des Nationalsozialismus. Sie sahen die Farbe, als ihre Verbundenheit zum Boden. Wohingegen gelb schon seit dem 13.Jahrhundert als Kennzeichnung für Juden und Aussätzige verwendet wurde. Der gelbe Ring aus dem Mittelalter, entwickelte sich mit den Jahren zum wohl schmerzlich bekannten gelben Judenstern.
Einen solchen musste auch der Kaffeehaus Komponist Hermann Lepoldi tragen, als er seinen Transport nach Dachau antrat. Der mit seinem Volksschlager „In einem kleinen Café in Hernals“ eine große Bekanntheit erlangte. Dieser Umstand war wohl sein großes Glück. So sagte er den Soldaten schon beim Transport, dass er Volkssänger war. Diese ließen ihn unbehelligt, wo doch andere verprügelt wurden oder gar getötet. Im Lager selbst ertönte sein kleines Café, eines Sonntagnachmittags aus dem Grammophone am Appellplatz. Kurze Zeit später wurde er nach Buchenwald verlegt. Der Kommandant des Lagers war ein großer Musik Liebhaber und ließ die Insassen für ihn singen. Doch er war der Kinderlieder müde geworden und veranstaltete ein Preisausschreiben, welches Hermann Leopoldi mit seinem „Buchenwald Marsch“ gewann. Dieses Lied spielte er danach nie wieder. Nach 9 Monaten wurde er schließlich aus dem KZ entlassen und könnte nach New York auswandern.
„Wir wollen Ja zum Leben sagen, denn einmal kommt der Tag, da sind wir frei!“
Erst im September 1947 kehrte er nach Wien zurück und spielte dort am 12. September endlich wieder ein Konzert in seiner Heimat. Eine Meldung von diesem Tag, ließ verlautbaren: „Von dem Moment an in dem Hermann Leopold sich an das Klavier setzte, hatte man das Gefühl er wäre nie weg gewesen. Seine Lieder waren noch genauso populär wie eh und je. Ein Beweis, dass sich die braunen, humorlosen Herrenmenschen, an den Powidltaschkerln, die kulturpolitischen Zähne ausgebissen haben. Er hat den Menschen, dass verzeihende Vergessen geschenkt.“
Doch vergessen ist diese dunkle Zeit nie und Vergebung werden die NS Soldaten wohl schwer finden. So, wie Simon Wiesenthal zu einem sterbenden jungen Soldaten geführt wurde, der ihn um Verzeihung bitten wollte, er dies aber nicht konnte, gibt es wohl viele, die in den Lagern eingesperrt waren oder Familie und Freunde verloren, die nie vergeben können, aber trotz alle dem versuchen glücklich weiter zu Leben.
Die Frage stellt sich, kann man vergeben, wie kann man vergeben, was kann man vergeben, gibt es Dinge, die man nicht vergeben kann. Doch ist es nicht besser zu vergeben und die Freunde am Leben zu sehen, als in Dunkelheit zu leben und in ewigem Groll zu vergehen?
Wollten wir zuerst keinen der Künstler extra erwähnen, kommen wir doch nicht umhin Martin Bermoser etwas hervor zu heben. Neben seinem gesanglichen Talent, dass einher bekannt war, begeisterte er auch mit seiner Art und seinem Gefühl beim Vorbringen der Texte von Hermann Leopoldi. Sich bei einer Lesung, so sehr in eine Rolle hinein zu versetzten, dass man das Gefühl bekommt Herr Leopoldi selbst säße vor einem und erlebe gerade in diesem Moment oben erwähnte Geschehnisse, ist sicher nicht leicht, doch Martin Bermoser ging es auf eindrucksvolle Weise von den Lippen. Er nahm das Publikum atemlos mit auf eine Reise und berührte jedes einzelne Herz. Es war eine wunderschöne musikalische Lesung mit viel Licht und Schatten, die tief berührte und noch lange ihren Nachhall finden wird. Nicht nur die Geschichte von Hermann Leopoldi hat uns tief berührt, auch das Lied aus Disney’s Pocahontas „Das Farben Spiel des Winds“ beschäftigt uns schon lange. Ein Text über die Schönheit der Umwelt, die doch nicht gesehen wird. Zu oft beobachtet man die Menschen, wie sie durch die Natur streifen und doch ihren Blick nur auf ihr Handy gerichtet haben. Sie nehmen ihre Umgebung, die Pflanzen, die Tiere und all ihre Farben gar nicht wahr. Wir sollten uns alle gewiss des Öfteren an der eigenen Nase fassen und versuchen mehr im Hier und Jetzt zu leben, das Handy beiseitelegen und die Natur mit all ihrem Farbenspiel mehr beachten und genießen.