Wer glaubt denn hier was er will… (07.07.2022)

Am 07.07.2022 hieß es Bühne frei für Molières „Tartuffe oder Ich glaub‘ was ich will“ im Wiener Lustspielhaus. Was für ein charmantes „Theaterzelt“ mitten im ersten Wiener Gemeindebezirk am Hof, leider soll es wohl das letzte Mal sein, dass die Menschen in dieses schöne Theater strömen können. Doch die Hoffnung stirbt zuletzt, immerhin wird es von unserem Wiener Bürgermeister als „Fels in der Brandung“ bezeichnet… 

Für die ins wienerische übertragene Version von „Tartuffe“ im Wiener Lustspielhaus zeigt sich Franzobel verantwortlich. Die Handlung wurde dem 21ten Jahrhundert und der derzeitigen Situation angepasst, es gibt Impfgegner, Toilettenpapier wird gehortet, kleine feine politische Spitzen und auch die Maskenpflicht kommen nicht zu kurz.

Die Handlung könnte nicht aktueller sein, denn je und das obwohl es eigentlich im 17. Jahrhundert spielt, sie hatten die Pest, wir haben Corona, jeder ist bestechlich und Frauen sind immer noch benachteiligt, das sollte doch eigentlich zu denken geben oder?

Tartuffe hat das große Glück, Umbert Umbeleckt zu begegnen. Er ist ein wohlhabender und gutgläubiger Mensch, der sich blenden lässt und Tartuffe so sehr vertraut, dass er ihm sein ganzes Hab und Gut überschreibt. Milena, seine Haushälterin und die Familie von Umbert, versuchen alles um ihm die Augen zu öffnen, bis es zu spät ist! Am Ende steht einer von beiden mit einem Fuß im Gefängnis, aber wer von den beiden, dazu muss man sich ins Wiener Lustspielhaus wagen.

Martin Bermoser ist in der Titelrolle Tartuffe zu sehen. Mit seinem Charme und seiner Schlagfertigkeit, schafft er es mit Leichtigkeit Umbert Umbeleckt um den kleinen Finger zu wickeln. Dieser merkt gar nicht wie im geschieht und traut seinem Tartuffe blind. Um ehrlich zu sein, man kann es ihm nicht übelnehmen, Martin Bermoser spielt den Schmarotzer mit so viel Liebe zum Detail, dass man gar nicht anders kann, als ihm zu verfallen. Wie schon Umbert sagt er hat Charisma und sieht gut aus und dies trifft nicht nur auf die Rolle des Tartuffe zu. Tartuffe ist eben ein charmantes Schlitzohr.

Der leichtgläubige Umbert Umbeleckt wird von niemand geringeren als dem Hausherrn des Lustspielhauses Adi Hirschal dargestellt, durch seine liebevolle Ausstrahlung spürt man richtig wie er Martin Bermoser von Sekunde zu Sekunde mehr verfällt. Man hätte die Rolle mit niemand anderem besetzen können. Die Frau an seiner Seite, Edmee wurde mit viel Charisma und Herz mit Hemma Clementi besetzt. 

Das Dienstmädchen Milena wird von Erika Deutinger verkörpert, diese Frau ist einfach ein Traum, witzig spritzig, sie bringt das Publikum zum Lachen und Tartuffe zum Schwitzen. Sie ist eben eine wahre Koryphäe auf ihrem Gebiet!

Das junge Liebespaar Anselm & Alibertina wird glaubhaft von Thomas Höfner und Maddalena Hirschal gespielt. Die beiden harmonieren wunderbar miteinander. Unbedingt hervorgehoben werden muss noch die geniale Imitation von Thomas Höfners Falco, selten so eine Originalität gehört. Erwähnung muss auch finden, dass Maddalena Hirschal nicht nur spielt und singt, sondern sich auch noch um die Kostüme gekümmert hat.

Michael Reitinger ist der einzige Musiker auf der Bühne, er begleitet die komplette Show auf seiner Gitarre und man muss ehrlich sein, mehr braucht es auch nicht, er ist ein wahrer Virtuose auf der Gitarre.

Musikalisch hat das Stück auch einiges zu bieten, so gibt es Klassiker mit Texten auf wienerisch, wie zum Beispiel „Day-O“, „My Way“ oder „Hit the Road Jack“. Gerade mit einem Gesangsvirtuosen, wie Martin Bermoser in der Hauptrolle musste man einfach die ein oder andere Gesangsnummer anbieten. Doch auch die anderen Darsteller stehen ihm in nichts nach und sorgen mit den witzigen, weanarischen Texten für Bauchmuskeltraining.

Für die Regie konnte niemand geringerer als Viktoria Schubert gewonnen werden, die ihrem Namen wieder alle Ehre macht. Ihre Liebe zum Detail und zur Bühne sieht man in jeder Szene. 

Ein Stück, das einen lachen lässt, aber auch über den ein oder anderen Moment nachdenken lässt. Gerade die Spitzen auf aktuelle Geschehnisse, die Rolle der Frau und die Leichtigkeit der Beeinflussung hallen in einem nach. Ein Stück, das nicht besser auf den Punkt gebracht hätte sein können, mit genialen Pointen, passenden Musiknummern, vorgetragen von großartigen Schauspielern und tollen Sängern. Ein Theaterabend, der einfach Lust auf mehr macht. Lasst euch dieses Erlebnis auf keinen Fall entgehen.  

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